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Neujahrsansprache des Rottweiler Oberbürgermeisters Ralf Broß beim Bürgerempfang in der Stadthalle Rottweil am 10. Januar 2010

Neujahrsansprache des Oberbürgermeisters

Meine Damen und Herren, der heutige Bürgerempfang zum Jahresbeginn steht im Zeichen der Bürgerschaft. Und im Rahmen des Bürgerempfangs werden heute Abend sechs Bürgerinnen und Bürger für ihren langjährigen ehrenamtlichen Einsatz in unserer Stadt mit der Bürgermedaille ausgezeichnet.

Bevor ich zur Verleihung übergehe, lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, zunächst einen Rückblick auf das vergangene Jahr zu werfen, um die wichtigsten Ereignisse ins Gedächtnis zu rufen.

Was hat uns 2009 beschäftigt? 2009 war ein kommunalpolitisch spannendes Jahr. Auch weil es ein Wahljahr war.

Neben der Wahl des Bundespräsidenten sowie der Bundestags- und Europawahl standen die OB-Wahl und die Gemeinderatswahl im Vordergrund.

Im Gemeinderat hat ein Generationenwechsel stattgefunden.

Aus dem Gremium ausgeschieden sind
  • Herrn Marcel Dreiling (5 Jahre)
  • Herr Karl Hezinger (5 Jahre)
  • Frau Monika Alt (7 Jahre)
  • Herr Felix Schindler (12 Jahre)
  • Herr Manfred Geiger (15 Jahre)
  • Herr Erwin Grimm (25 Jahre)
  • Herr Prof. Dr. Kurt Schellenberg (fast 40 Jahre)
  • Herr Heinz Vogt (41 Jahre)

Die Verabschiedung der Gemeinderäte fand im Rahmen der letzten Gemeinderatssitzung vor der Sommerpause statt. Ich darf mich bei dieser Gelegenheit heute noch einmal bei Ihnen für Ihren Einsatz und Ihre Arbeit in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten und die gute Zusammenarbeit bei Ihnen recht herzlich bedanken.

Neu in den Gemeinderat gewählt wurden
  • Herr Christoph Bechthold
  • Herr Max Burger
  • Herr Dieter Kleinmann
  • Frau Annemargret Probst
  • Herr Dr. Peter Schellenberg
  • Herr Jörg Stauss
  • Herr Arved Sassnick
  • Frau Dr. Claudia Wankmüller

Den Neuen im Rat biete ich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit an und ich wünsche Ihnen, dass sie sich in ihrer neuen Funktion als Vertreter der Rottweiler Bürger schnell einleben. Ich persönlich habe den Vorsitz im Gemeinderat und in den Ausschüssen im letzten halben Jahr, seit ich mein Amt im Juli angetreten habe, gerne gemacht und ich fühle mich wohl im Gremium.

Der Gemeinderat hat in 2009 eine Reihe von schwierigen Entscheidungen getroffen, die allesamt das Ergebnis eines langen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses sind. Die inhaltliche thematische Auseinandersetzung um das Für und Wider, die öffentliche Diskussion, der Austausch von Argumenten in den Ortschaftsräten, den Ausschüssen und im Gemeinderat und in Bürgerforen sind allesamt Ausdruck unserer pluralistischen Gesellschaft und der gelebten Demokratie.

Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen: Rottweil Mitte. Hinter diesem Begriff verbergen sich die die Umgestaltungspläne der Hochbrücktorstraße und der Unteren Hauptstraße, weil dort in diesem Jahr zwingend die vorhandenen Gasleitungen flächendeckend saniert werden müssen. Im Spätsommer haben wir die Bürgerschaft und alle Interessierten zu mehreren Workshops im Rahmen eines Bürgerdialogs eingeladen. Unser Ziel war es, den vorliegenden Wettbewerbsentwurf zur Diskussion zu stellen.

Wir brauchen diese Diskussion.

Die Diskussion um Bäume in der Innenstadt, um Fahrbahnquerschnitte, um Angebotsstreifen, um Stellplätze, um Materialauswahl und und und.

Wir brauchen diese Diskussion, auch wenn sie manchmal unbequem ist, weil wir nur dadurch ein Engagement aller Bürger und eine Identifikation mit unserer Stadt erreichen können.

Ohne diese Diskussion wäre unsere Bürgerschaft um vieles ärmer. Und wir brauchen unsere Bürger und manchmal auch den Mut, unbequeme oder nicht unbedingt mehrheitsfähige Ansichten in einem fairen Miteinander zum Ausdruck zu bringen. Das sollte immer unsere Maxime sein.

Ich bin mir dabei durchaus auch bewusst, dass die Bürgerinnen und Bürger sowie die Interessensvertreter von Vereinen oder Berufsgruppen in erster Linie ihre Einzelinteressen wahren und diese in den kommunalpolitischen Willensbildungsprozess einbringen. Uns allen muss aber auch klar sein, dass nicht Partikularinteressen im Vordergrund stehen dürfen, sondern am Ende die Entscheidung zu Gunsten des Allgemeinwohls durch den demokratisch legitimierten Gemeinderat steht. Nur der Respekt vor dieser Entscheidung sichert ein gedeihliches Zusammenleben in unserer Stadt.

Ich möchte Ihnen nun ein paar Beispiele nennen, welche Themen im letzten Jahr auf der Tagesordnung standen:

Da sind zunächst einmal die wichtigen Beschlüsse im Zusammenhang mit dem Konjunktur-paket der Bundesregierung zu nennen, die bundesweit 50 Mrd. Euro zur Verfügung stellte, um die Wirtschaft in der Talsohle des Konjunkturverlaufs wieder anzukurbeln.

Nach zwölf Wochen Bauzeit ist der neue Kreisverkehr an der Kreuzung von Stadion- und Heerstraße im September pünktlich fertig gestellt worden. Erwähnens- und lobenswert ist die enge und gute Zusammenarbeit zwischen Anwohnerschaft und Bauverwaltung, die das Maß an Beeinträchtigungen gering halten konnte. Ein gutes Beispiel für folgende Straßenbauprojekte in der Stadt

Der Gemeinderat hat insgesamt 8,5 Mio Euro beschlossen, um zusammen mit den genannten Kofinanzierungsmitteln die Sanierung und Modernisierung des Leibniz-Gymnasiums in die Wege zu leiten, die während des Schulbetriebs mit einem erheblichen Aufwand Tag und Nacht durchgeführt wird, um so wenig wie möglich in den regulären Schulbetrieb einzugrei-fen. Den Schülern und dem Lehrerkollegium danke ich für ihre Geduld und die Bereitschaft, die baubedingten Unannehmlichkeiten in Kauf zu nehmen.

Wir investieren weiter in den Schulstandort, um unser Angebot auszubauen. Und wir haben in Rottweil ein Angebot für insgesamt 8.000 Schüler, das sich in der gesamten Region sehen lassen kann. Meine Frau und ich haben dies selber erfahren, als wir im letzten Jahr nach Rottweil gezogen sind und für unsere Kinder Carlotta und Maximilian eine Schule gesucht haben, die die Fächerkombinationen unserer Kinder berücksichtigt und fortführt. Wir haben mit der Realschule und dem AMG als altsprachliches Gymnasium die besten Voraussetzungen in Rottweil vorgefunden.

Das Angebot von drei städtischen Gymnasien und drei Gymnasien in der Trägerschaft des Landkreises, das nun um ein sozialwissenschaftliches Gymnasium ergänzt wird, ist nur mit der Hilfe vieler Unterstützer möglich. Deshalb danke ich an dieser Stelle unseren Landtagsab-geordneten Dieter Kleinmann und Stefan Teufel sowie Herrn Landrat Dr. Michel dafür, dass sie sich immer für den Ausbau des Schulstandortes einsetzen. In den letzten Jahren sind rund 20 Mio Euro in die Schulen investiert worden und die Stadt bringt jährlich einen Betrag von fünf Mio für den laufenden Betrieb auf.

Und wir werden uns weiter entwickeln. Auch die Werkrealschule wird kommen. Wir werden in diesem Jahr verschiedenen Optionen mit den Schulleitern und den Elternvertretern diskutieren und ich bin sicher, dass der Gemeinderat im Frühjahr die Entscheidung für die Werkrealschule treffen wird.

Mit der vor einem Jahr eingeweihten Stadthalle und der benachbarten Stallhalle sowie dem Kraftwerk im Neckartal haben wir attraktive Veranstaltungsstätten, um uns als Tagungs- und Veranstaltungsort aufzustellen. Die Starter-Messe und die Vital-Messe können den Anreiz dafür schaffen, dass wir uns als Standort für Nischenmessen etablieren. Und wenn Ende des Jahres der Kapuziner fertig gestellt ist, dann haben wir nicht nur einen Eigenanteil von rd. 2,3 Mio Euro finanziert und Zuschüssen von Bund, Land und Denkmalpflege in Höhe von rd. 5,2 Mio Euro in die Umbau- und Sanierungsarbeiten gesteckt, sondern auch einen weiteren Ort der Kommunikation dazu gewonnen.

Kommunikation hat immer auch mit Kultur zu tun. Die Innenstadt hat auch im letzten Jahr einiges an Kultur und Kommunikation zu bieten gehabt. Die Fasnet, das Stadtfest und der Weihnachtsmarkt sind ebenso weit über die Ortsgrenzen hinaus getragen worden, wie die Kinder- und Jugendkulturtage, das Jazzfest, das deutsch-schweizerische Autorentreffen, das Klassik-Festival Sommersprossen, der Ferienzauber und das Stipendium des Stadtschreibers, das im letzten Jahr durch Wolfram Lotz neue Facetten bekam.

Im September fand in der Innenstadt der Energietag statt, der sich landkreisweit zur größten Energie-Veranstaltung entwickelt hat. Über 25 Aussteller präsentierten in der Oberen Haupt-straße die vielfältigen Möglichkeiten vom verantwortungsbewussten Umgang mit Energie und der Nutzung erneuerbarer Energien.

Es hat auch bei uns in Rottweil in Sachen Energienutzung ein Umdenken stattgefunden, das weiter gefördert werden muss.

Die Stadt fördert es mit der Beteiligung an der Energieagentur des Landkreises, die die Auf-gabe hat, Rottweiler Bürgerinnen und Bürger über Energieeinsparungen und den Einsatz re-generativer Energien kostenlos zu beraten.

Wir haben im letzten Jahr auch die Voraussetzungen dafür geschaffen, neben dem Dach der Stadthalle auch das Dach der Stallhalle für die Gewinnung von Strom aus Sonnenenergie zu nutzen. Und wir werden noch in diesem Monat zusammen mit mehreren Umlandgemeinden und dem Landkreis eine Vereinbarung unterzeichnen, mit der wir uns kostengünstig an einem geoinformations-gestützten Projekt beteiligen, das eine Standortanalyse für Photovoltaik- und thermische Solaranlagen mittels Laserscanner ermöglicht und uns Bürgern eine Einschätzung liefert, ob das eigne Dach für die Montage einer Photovoltaikanlage geeignet ist.

Lassen Sie mich zu unseren Ortschaften überleiten. Die Arbeit in den Ortschaften stellte das bürgerschaftliche Engagement in den Vordergrund.

Neufra feierte sein 700-jähriges Bestehen und bescherte uns allen ein ganzes Festjahr mit zahlreichen Begleitveranstaltungen, vom Festakt zu Beginn des Jubeljahres, über einen Tag der offenen Tür in der Grundschule bis hin zum Chorkonzert, Kunstsymposium und Theateraufführung.

Hausen freut sich nach anderthalb Jahren Bauzeit über ein saniertes Rathaus samt neuen Bür-gersaal und Proberaum. Die Einweihungsfeier im November wurde mit einem Tag der offenen Tür gefeiert. Gefeiert und geehrt wurden dabei die vielen ehrenamtlichen Bauhelfer, die in zahlreichen Eigenleistungen wesentlich zum Gelingen des Bauprojektes beigetragen haben.

In Bühlingen entsteht zurzeit der Neubau des Kindergartens, der ab diesem Jahr dann ein zusätzliches Betreuungsangebot auch für Kinder unter 3 Jahren anbieten kann. Zusammen mit der Erweiterung des Kindergartens auf der Charlottenhöhe und dem Neubau zweier Krippen-Gruppen im Kindergarten Arche Noah investiert hier die Stadt nachhaltig in das vorschulische Betreuungsangebot und geht einen weiteren Schritt in Richtung familienfreundliche Stadt. Wir haben rd. 4 Mio Euro in neue Einrichtungen investiert, obwohl mittelfristig die Kinderzahlen zurückgehen und der jährliche Zuschussbedarf sich sich verdoppelt.

In Göllsdorf stand wieder einmal die Saukirbe auf dem Veranstaltungskalender ganz oben und in Zepfenhan, Neukirch und Feckenhausen feierten die Musikvereine Jubiläum und bewiesen erneut, dass das bürgerschaftliche Miteinander hoch im Kurs steht.

In Sachen Kunst haben wir neue Akzente gesetzt und ist es uns gelungen, mit dem KunstRaumRottweil ein Museum der Gegenwartskunst zu schaffen. In einer gemeinsamen Trägerschaft von Landkreis, Kreissparkasse, Forum Kunst und Stadt haben wir unsere Stellung als Kunst- und Kulturstadt weiter ausgebaut.

Als Erfolg der Wirtschaftsförderung ist die Eröffnung der Business School Alb-Schwarzwald auf der Saline zu bewerten. Diese Niederlassung der renommierten Steinbeishochschule Berlin konnte in Anwesenheit des Steinbeis-Präsidenten und ehemaligen baden-württembergischen Regierungsbeauftragten für Technologietransfer, Herrn Pröf. Löhn, im letzten Jahr eingeweiht werden. Und mit der Mitgliedschaft der Stadt in der neu gegründeten Innovationsagentur legten wir den Grundstein für den Aufbau und die Weiterentwicklung eines zukunftsorientierten Unternehmer-Netzwerkes.

Meine Damen und Herren, 2009 war aus kommunalpolitischer Sicht auch spannend, weil brisante Themen das Geschehen geprägt haben.

Ich erinnere an die Suche nach einem geeigneten Standort für die Justizvollzugsanstalt und die Entscheidung im Gremium, den Standort Esch zwischen Rottweil und Villingendorf aus der Suchschleife zu nehmen. Gleichzeitig hat der Gemeinderat beschlossen, dass die JVA auf Rottweiler Gemarkung gebaut werden soll. Um den Justizstandort Rottweil auf Dauer zu erhalten, muss eine Ansiedlung der geplanten Justizvollzugsanstalt in funktionaler Nähe das Ziel sein. Wir sind derzeit dabei, geeignete Standorte zu überprüfen. Dabei werden wir die Sorgen und Ängste der Bevölkerung ernst nehmen und die Suche mit der nötigen Transparenz und Offenheit gegenüber allen Beteiligten, den Bürgern, den umliegenden Gemeinden und dem Land Baden-Württemberg führen.

Der Jahreswechsel verlief ruhig. Mit Ausnahme der Bürgerwehr, die am Neujahrstag ihr mittlerweile traditionelles Neujahrsschießen im Bockshof veranstaltete und dabei einiges an Pulver verschoss, ging es in der Innenstadt an Silvester ruhig zu. Dazu hat im Wesentlichen das Abbrennverbot von Feuerwerkskörpern zum Schutze unserer Fachwerk- und Bürgerhäuser beigetragen, das zum Jahresende beschlossen wurde. Die Bürger und Gäste haben dies respektiert und weitgehend auf Böller verzichtet oder ihre Raketen außerhalb des historischen Gebäudeensembles gezündet.

Was bringt uns die Zukunft?

Ich möchte auf drei Entwicklungen eingehen.

1. Wir werden in Zukunft immer älter. Die alternde Gesellschaft und der Bevölkerungsrückgang werden besondere Ansprüche an das Gemeinwesen und an die Stadt richten. Der Generationenvertrag unserer Eltern und Großel-tern gerät aus den Fugen. Immer weniger Menschen müssen die zunehmende Versorgungslücke mit ihren Leistungen schließen. Das hat Konsequenzen für unsere Kindergärten und Schulen, für die Besetzung von Arbeitsstellen und für das Angebot an Seniorenwohn- und Pflegeplätzen.

Lassen Sie mich auf ein bekanntes Beispiel eingehen, das uns in der Zukunft beschäftigen wird. Das Spital. Ich habe bei der Einbringung des Haushaltes im Gemeinderat gesagt, das Spital ist ein Sorgenkind. Nicht, weil wir mit den Leistungen oder dem Personal unzufrieden sind. Es ist ein Sorgenkind, weil es am bestehenden Standort nicht wirtschaftlich betrieben werden kann. Die räumlichen und baulichen Voraussetzungen für einen weiteren Betrieb eines Seniorenpflegeheims sind dort alles andere als optimal. Wir dürfen beim Betrieb dieses traditionellen Rottweiler Krankenhauses und Seniorenwohnheims die gesetzlichen Vorgaben nicht außer Acht lassen. Dazu verpflichtet uns der Gesetzgeber. Das Spital muss wie ein Wirt-schaftsunternehmen geführt werden, was in der vorliegenden Situation nicht möglich ist. Aus diesem Grund werden wir mit dem Vincenz-von-Paul-Hospital eine Vereinbarung eingehen, auf deren Grundlage beide Partner zukünftig ein Seniorenpflegeheim auf dem Nägelesgraben betreiben. Läuft alles nach Plan, dann ist frühestens Anfang 2012 mit einem Umzug ins neue Gebäude zu rechnen. Bis dahin wird der Betrieb am alten Standort in vollem Umfang aufrecht erhalten. Die im Spital beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen dann in die neue Einrichtung übernommen werden.

2. Die Städte stehen in einem Wettbewerb zueinander und dieser Wettbewerb wird mit Blick auf die zurückgehende Bevölkerung zukünftig härter. Wie müssen attraktiver werden und besser sein als die anderen. Wir können dies erreichen, wenn wir uns auf unsere Stärken besinnen und uns auf unsere Alleinstellungsmerkmale konzentrieren. Das Motto muss lauten: Stärken stärken. Die Alleinstellungsmerkmale, die uns von anderen unterscheiden sind u.a. das besondere Schul- und Bildungsangebot, die kulturellen und Freizeitangebote, die so-zialen Einrichtungen und nicht zuletzt auch unsere Geschichte und das Erscheinungsbild unserer Stadt.

Eine Attraktivitätssteigerung werden wir durch die städtebauliche Revitalisierung des momen-tan noch leer stehenden ehemaligen Dominikanerinnenklosters erfahren. Zusammen mit dem deutschen Jugendherbergwerks und einem privaten Investor steht die Umwandlung in eine Jugendherberge kurz vor der Realisierung.

Unsere Innenstadt wird attraktiver. Dafür steht das Projekt Rottweil Mitte. Der Gemeinderat hat im vergangenen Oktober die Weichen für die Umsetzung dieses Projektes gestellt. Ich hatte es eingangs erwähnt. Rottweil Mitte wird der große Investitionsschwerpunkt im nächsten Jahr sein. Wir haben damit die Chance, den öffentlichen Raum neun zu gestalten, um unsere Innenstadt attraktiver zu machen. Attraktiver für die Bürger, für die Gäste und Kunden, die nach Rottweil kommen, aber auch für die Einzelhändler, denen mehr Präsentations- und Ausstellungsflächen zur Verfügung gestellt werden können.

Mit der Einführung eines sog. Verkehrsberuhigten Geschäftsbereichs schaffen wir die Voraussetzung dafür, dass die Geschwindigkeit in der Innenstadt auf 20 km/h reduziert und weiterer ungeliebter Durchgangsverkehr auf die Umgehungsstraße verdrängt wird. Wir brauchen für dieses Modellprojekt die Zustimmung des baden-württembergischen Innenministeriums, das uns in einem Gespräch kurz vor Weihnachten bereits eine Zusage erteilt hat.

3. Die dritte Entwicklung, die ich ansprechen möchte, bezieht sich auf die Finanzsituation. Wir sind wie alle baden-württembergischen Städte eingebunden in ein Finanzausgleichssystem, das rund 60% unserer Steuerkraft in einen Solidaritätstopf abführt, aus dem struktur- und finanzschwache Kommunen unterstützt werden. Der öffentliche Haushalt leidet unter einer fast schon pathologischen Finanzmittelknappheit. Diese Finanzmittelknappheit wird uns in 2010 und im nächsten Jahr voll treffen. Wir können auf Dauer nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen. Wir alle müssen unserer Gewohnheiten und Ansprüche zurückschrauben, wollen wir nicht die kommenden Generationen über Gebühr belasten.

Die gewohnte Bereitschaft der vergangenen Jahre in neue Einrichtungen und Standards zu investieren, wird einer bestandsorientierten Politik des Bewahrens weichen. Davon bin ich überzeugt. Wir haben die Grenzen des Wachstums erreicht.

Hierzu gehört auch, sich seitens der Stadt Gedanken zu machen, wie zukünftige Aufgaben umgesetzt und finanziert werden können. Ich erwähne noch einmal die Jugendherberge: die Jugendherberge könnte ohne privates Kapital nicht umgesetzt werden. Vielleicht gelingt uns mit der Duttenhofer-Villa ein ähnliches Finanzierungsmodell, das es uns erlaubt die gastronomische Nutzung in der Zukunft fortzuführen.

Die Zukunft unserer Stadt wird nicht mehr ausschließlich eine Frage der Finanzen sein, sondern sie wird sich auch daran messen müssen, wie es uns gelingt, die Eigenverantwortung jedes einzelnen Bürgers zu aktivieren.

Wir müssen den Weg in Richtung Bürgergesellschaft weiter voranschreiten. Sie alle sind Teil dieser Bürgergesellschaft:
  • die Freiwillige Feuerwehren in der Stadt und den Ortsteilen,
  • die Mitmach-Initiative-Rottweil mit Ihrem Ehrenamtsbüro,
  • der Tafelladen des DRK-Kreisverbandes,
  • das Suppenstüble und die Wärmestube,
  • die Aktiven im Mehrgenerationenhaus,
  • die Aktiven der Selbsthilfegruppen,
  • die Aktion Eine Welt,
  • der Weltladen,
  • der Seniorenrat,
  • Frauen helfen Frauen,
  • Eine Welt ohne atomare Bedrohung,
  • die Bürgerstiftung und
  • Unzählige Jugendbegleiter an unseren Schulen.

Wir haben in Rottweil auf diesem Weg gemeinsam mit den Bürgern schon viele Erfolge erreicht. Ich möchte Ihnen allen danken, die sie sich an diesem Bürgerengagement beteiligen. Die Resonanz aus der Mit-Mach-Initiative und den Gesprächen mit den Bürgermentoren im letzten Jahr bestätigen mir, dass es viele Menschen gibt, die bereit sind, sich für unser Gemeinwesen einzubringen und einen Aufbruch weg von einer Verwöhngesellschaft hin zu einer Mit-Mach-Gesellschaft zu wagen.

Ich lade Sie alle dazu ein, Ihre Erfahrungen und Ihr Wissen einzubringen und unsere Stadt mitzugestalten.

Ein aktuelles Beispiel für diesen Ansatz ist die Bürgerinitiative Kapuziner. Die Bürgerinitiative hat sich auf die Fahnen geschrieben, das ehemalige Kloster zu erhalten, wiederherzustellen und mit neuem Leben zu erfüllen. Sie arbeitet eng bei der Sanierung des Kulturgutes mit und hat sich bereit erklärt, sich bei der Nutzung des denkmalgeschützten ehemaligen Kapuzinerklosters einzubringen.

Ein weiteres Beispiel für das bürgerschaftliche Engagement und letztlich auch für den Zusammenhalt in unserer Stadt ereignete sich am 6. April. Am 6. April um 3.32 Uhr, in der Nacht nach der OB-Wahl, bebte die Erde. Ein schweres Erdbeben mit gewaltigem Ausmaß suchte unsere italienische Partnerstadt L´Aquila heim. Das Epizentrum lag nur wenige Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Innerhalb von Sekunden richtete die Naturkatastrophe in der Altstadt von L'Aquila und den umliegenden Dörfern schwere Schäden in Milliardenhöhe an. 299 Menschen verloren ihr Leben, 28.000 wurden obdachlos. Der Stadtteil Onna ist fast völlig zerstört und hat über 40 Opfer zu beklagen.

Erste Hilferufe gehen per SMS bei Ludwig Kohler ein, dem Vorsitzenden des Partnerschafts-vereins Amici dell´Aquila. Was in den nächsten Stunden und Monaten passiert ist beispielslos und wird für ein enormes mediales Interesse sorgen. Innerhalb weniger Tage wird ein Spendenkonto eingerichtet und ein Hilfskonvoi auf die Beine gestellt. Die Hilfsbereitschaft ist enorm. Unter Federführung von Bürgermeister Werner Guhl setzt sich drei Tage nach dem Erdbeben ein städtischer Konvoi mit Hilfsmitteln in Bewegung. Rund 25 freiwillige Helfer, darunter vor allem Mitglieder aus den Reihen von Feuerwehr, THW und DRK, leisten Auf-bauhilfe vor Ort. Meine Damen und Herren, mit dieser Bereitschaft und der gelebten Solidarität haben die Helfer, die ich heute Abend hier begrüßen darf, bewiesen, dass wir in Rottweil nicht in einer anonymen Gesellschaft leben, sondern in einer funktionierenden Bürgergesellschaft. Mit Ihrer Hilfe haben Sie die Städtepartnerschaft zwischen Rottweil und L`Aquila nachhaltig geprägt.

Ich danke allen Helfern für ihren engagierten Einsatz und darf Ihnen heute die besten Grüße und Wünsche meines italienischen Kollegen aus L´Aquila, Herrn Bürgermeister Massimo Cialente, übermitteln, der sich mit der Weihnachtspost noch einmal bei mir für Ihre Hilfsbereitschaft bedankte. Herzlichen Dank.

Die Spendenbereitschaft war riesig. Viele kleine und große Geldspenden gingen bei uns ein. Der Spendenstand liegt momentan bei fast 350.000 Euro. Mit diesem Geld werden wir zusammen mit der Deutschen Botschaft in Italien den Aufbau eines Bürgerhauses im Stadtteil Onna unterstützen. Allen Spenden ein herzliches Vergelt´s Gott. Ohne sie wäre dieses Ergebnis so nicht möglich gewesen.

So, nun habe ich Ihnen einen Jahresrückblick gegeben und Perspektiven für das noch junge Jahr aufgezeigt, die wir gemeinsam anpacken wollen. Ein altes asiatisches Sprichwort sagt: Die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Lassen Sie uns diesen ersten Schritt gemeinsam tun.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen ein glückliches, erfolgreiches und zufriedenes Jahr 2010.

 
Quelle: Stadtverwaltung Rottweil
 


Kommentare:

Enttäuschung von Kanalarbeiter am 16.01.2010 um 09:12:33
Was mich stört, ist die Ausblutung unseres Staats, gemeinnützliche Organisationen sollen alles abfangen, um das sich der Staat nicht mehr kümmern will oder kann. Und ein schwacher Staat ist von manchen erwünscht, siehe hierzu: Die Verarmung des Staates als strategischer Hebel.

Und dann wieder das Gerede von der Vergreisung unserer Gesellschaft, ohne die enorme Produktivitätssteigerung mit einem Wort zu erwähnen. Mit dem Argument, die Überalterung nehme immer mehr zu und dadurch sei die Rente nicht mehr sicher, wurde vielen eine Riester-Rente aufgeschwätzt, bei der nur die Versicherungen profitieren. Siehe hierzu: Die totale Manipulation ist möglich - Musterbeispiel Demographie und Altersvorsorge.

Die Meinung der NRWZ ist auch interessant, hier ein paar Stichworte:

"Broß empfängt seine Bürger – und enttäuscht ein bisschen"

"Ist er den ersten Schritt vorangegangen? Nein, das ist er nicht"

"Vermeidet es aber durchgehend, eindeutig Position zu beziehen"

"Das sagt alles und nichts"

"Solide, aber furztrocken"

Ich bin mal gespannt ob mein Kommentar hier erscheint.